1.3. Lehrkonzept#

Zwar werden Sie in diesem Kurs mit dem Programmieren vertraut gemacht, doch steht es am Ende des Prozesses. Der Kurs unterscheidet sich grundlegend von einem Programmierkurs. Unsere Aufgabe als Lehrende ist es Sie zum Computational Thinking hinzuführen. Die Programmierung ist hierfür das Werkzeug, um Ihre Gedanken in einer unmissverständlichen Form

  1. festzuhalten,

  2. auf Korrektheit zu prüfen,

  3. und neue Denkweisen zu entdecken und zu nutzen.

Wir konzentrieren uns in der Vorlesung zwar auf die Programmiersprache Python, doch finden sich die gleichen Konzepte in den allermeisten imperativen Programmiersprachen. Vorweg ist zu sagen, dass wir in die funktionale Programmierung nicht tiefer einsteigen werden. Möchten Sie nach diesem Kurs Ihren Horizont erweitern und weitere abstraktere Denkweisen kennenlernen, lohnt sich der Blick in diesen zweiten Strom der Programmierung.

Lernen geschieht weder an der Tafel noch am Rechner noch durch einen Lehrer. Lernen geschieht in Ihrem Kopf. Egal welche Lernunterlagen und Utensilien Sie auch verwenden, um etwas zu erlernen, d.h., es nicht nur zu wissen sondern wirklich zu begreifen, müssen Sie aktiv werden. Es gibt keine Abkürzung, die Ihnen diesen Teil abnimmt. Gute Unterlagen und Werkzeuge können diesen Prozess beschleunigen, gleichzeitig können Sie Ihnen jedoch auch wichtige Lernerfahrungen vorenthalten.

Ich vergleiche diesen Lernprozess gerne mit einer Reise an einen bestimmten Ort. Wenn Ihnen der Weg so gut es geht vorbereitet wird und Sie auf der Autobahn mit Ihren hundert Sachen unterwegs sind, werden Sie Ihr Ziel schnell erreichen. Allerdings werden Sie nur wenig auf dem Weg dorthin in Erfahrung bringen. Die falsche Richtung einzuschlagen, sich in Umwegen verlieren und in Sackgassen stecken zu bleiben, sind essenzielle Bestandteile des Lernens. Unsere Gehirne konstruieren fortwährend unsere Realität und wann immer die Konstruktion, d.h. unsere Erwartungen, irritiert werden, lernen wir. Die Erwartungen werden angepasst sodass die Realität wieder Sinn ergibt. Das funktioniert jedoch nur, wenn wir auch irritiert werden. Fehler und Misserfolge führen zur Reflexion und sind deshalb für das Lernen unerlässlich. Je mehr Fehler Sie machen, desto mehr werden Sie in diesem Kurs auch mitnehmen.

Das andere Extrem wäre es sich ohne jedwede Hinweise auf die Reise zu begeben. In diesem Fall würden Sie entweder sehr sehr lange unterwegs sein oder aber niemals ankommen. Die Irritation ist zu groß, sodass es nicht mehr möglich ist den Sinn zu erschließen. Diese beiden Extreme versuchen wir zu balancieren. In jedem Fall müssen Sie den Weg selbstständig gehen. Wir werden Ihnen mit Rat zur Seite stehen.

Da wir überzeugt sind, dass Sie nur aus Fehlern lernen, werden wir Sie in diesem Kurs oftmals auf ein Problem loslassen ohne Ihnen alle nötigen Theorien vorher beigebracht zu haben. Damit sollen Sie die Möglichkeit bekommen sich zu verlaufen. Wir versuchen Ihnen die nötigen Grundlagen mitzugeben, sodass Sie anschließend selbständig das Entdecken, was wir im Anschluss wiederum gemeinsam erkunden werden.

Stellen Sie sich vor, Sie geben zwei kleinen Kindern das gleiche Spielzeug. Dem ersten Kind zeigen Sie wie „richtig“ gespielt wird, dem zweiten nicht. Welches Kind wird wohl kreativere Spielvarianten entwickeln? Welches Kind wird länger seine Freude haben? Wir möchten Sie nicht um das Erlebnis berauben, eigenständige Erkenntnisse zu machen—es ist berauschend und Sie lernen dabei am meisten.

Viel Spaß dabei!