13.1. Variablen#

Variablen können wir uns intuitiv zunächst als Namen oder Bezeichnung eines Wertes vorstellen. Mit diesem Namen können wir einen Wert im Arbeitsspeicherspeicher des Computers identifizieren. So können wir uns Zwischenergebnisse merken und damit weiter rechnen.

13.1.1. Initialisierung und Zuweisung#

Durch das = Zeichen weisen wir einer Variablen (auf der linken Seite) den Wert des Ausdrucks (auf der rechten Seite) zu. Zum Beispiel, weist

x = 3 + 10

den ausgewerteten Wert 3 + 10 also 13 der Variablen x zu. Es ist äußerst wichtig, dass Sie zwischen dem = und dem mathematischen \(=\) unterscheiden.

\[x = 13\]

bedeutet, dass \(x\) gleich \(13\) ist, wohingegen

x = 13

den Wert der Variablen x auf 13 setzt bzw. die Variable auf einen Speicherbereich verweisen lässt, welcher den Wert 13 enthält. Um eine Zuweisung mathematisch auszurücken, verwendet man oft \(\leftarrow\), also

\[x \leftarrow 13.\]

Mit

x = None

weisen wir x den Wert None ´, d.h. „Nichts“ zu. Doch ist dieses „Nichts“ nicht nichts ;). Es repräsentiert lediglich das Nichts.

Versuchen wir eine Variable zu verarbeiten, die noch nicht initialisiert wurde, so erhalten wir einen Fehler:

v + 20
---------------------------------------------------------------------------
NameError                                 Traceback (most recent call last)
Cell In[4], line 1
----> 1 v + 20

NameError: name 'v' is not defined

Die Fehlermeldung name 'v' is not defined weißt uns darauf hin, dass die Variable v noch nicht initialisiert wurde. In anderen Worten v gibt es noch gar nicht und zeigt auch nicht auf eine Stelle im Speicher, hat also keinen Wert. In Python reicht es wenn Sie der Variablen einen Wert zuweisen. Sie wird automatisch erzeugt, d.h., initialisiert. Besitzt Sie noch keinen Wert so existiert sie auch nicht bzw. ist noch nicht initialisiert.

Initialisierung mit Notebooks

Nach Ausführung dieser Codezeilen funktioniert auch der obige Code. Dies hängt mit der Funktionsweise der Notebooks zusammen. Sobald z initialisiert wurde, existiert z für alle Zellen des Notebooks.

13.1.2. Variablen und der Arbeitsspeicher#

Eine Variable können wir als Paar von Wert und Arbeitsspeicheradresse verstehen. Der Wert der Variablen steht im Arbeitsspeicher an einer bestimmten Arbeitsspeicheradresse. Den Arbeitsspeicher können wir uns als lange Liste von Bits vorstellen:

../../_images/ram1.png

Abb. 13.1 Der Arbeitsspeicher ist eine sehr lange Liste bestehend aus Bits. Die Adresse ist im Wesentlichen die Nummer / der Index eines bestimmten Speicherplatzes.#

Pythons Typisierung

Eine Python Variable verweist durch eine Adresse eigentlich nicht nur auf einen Wert sondern auch auf einen Datentyp und auf den Referenzzähler, welcher angibt wie viele Variablen auf den Wert verweisen. Dies werden wir aber vorerst ignorieren.

Variablen abstrahieren den Zusammenhang zwischen Wert und Adresse, sodass Sie uns die Arbeit mit dem Arbeitsspeicher erleichtern. Wir müssen nicht wissen welche Speicheradressen belegt und welche noch frei sind. In Python kommen wir mit der eigentlichen Speicheradresse normalerweise gar nicht in Kontakt.

Mit

x = 25

Wird der Wert 25 in den Arbeitsspeicher an eine freie Speicheradresse geschrieben. Diese Adresse erhält die Variable x. x zeigt auf den Speicherbereich in dem der Wert 25 steht! Folgende Abbildung verdeutlicht die Situation:

../../_images/variable.png

Abb. 13.2 Initialisierung und Zuweisung einer Variable x mit dem Wert 25. Der Wert steht im Arbeitsspeicher (rechts) an der Speicheradresse 6. Die Variable zeigt auf diese Adresse im Speicher.#

Mit der built-in-Funktion id können Sie sich eine Identifikationsnummer einer Variablen ausgeben lassen. Für zwei Variablen ist diese genau dann gleich, wenn deren Arbeitsspeicheradressen gleich sind.

x = 25
z = 25
print(id(x))
print(id(z))
4378601136
4378601136

Sie sehen dass die id der Variablen x und z identisch sind. Ebenso ist ihr Wert identisch. Diese Situation sieht demnach wie folgt aus:

../../_images/variable-equal-id.png

Abb. 13.3 Initialisierung und Zuweisung einer Variablen x und z mit dem Wert 25. Die Adresse beider Variablen ist identisch.#

Identität

Zwei Variablen x und y sind identisch genau dann wenn sie den gleichen Speicherbereich adressieren.

Gleichheit

Zwei Variablen x und y sind gleich genau dann wenn der Speicherbereich auf den sie verweisen den gleichen Wert beinhaltet.

Python-erkennt, dass es ausreicht, wenn beide Variablen auf den gleichen Speicherbereich zeigen. Wir als Programmierer*innen bekommen davon gar nichts mit. Verändern wir den Wert von z dann verändert sich auch die id:

x = 25
z = 24
print(id(x))
print(id(z))
4378601136
4378601104

Die Situation könnte in etwa wie folgt aussehen:

../../_images/variable-unequal-id.png

Abb. 13.4 Initialisierung und Zuweisung einer Variablen x und z mit dem Wert 25 und 24. Die Adresse beider Variablen ist nicht identisch.#

Aus Identität folgt Gleichheit

Zwei Variablen x und y, die auf die gleiche Speicheradresse zeigen haben auch den gleichen Wert. Das heißt aus

id(x) == id(y)

folgt

x == y

Zwei Variablen können jedoch den gleichen Wert haben, allerdings auf verschiedene Speicherbereiche verweisen.

Ein Beispiel für zwei Variablen mit gleichem Wert und unterschiedlicher Identität ist leicht konstruiert:

x = 2131313
z = 2131313
print(id(x))
print(id(z))
4595612016
4595602416

Hmm?? Warum war die id beim Wert 25 identisch aber beim Wert 2131313 nicht? Hier kommen wir in die tiefen Details von Python, welche fürs erste nicht so wichtig sind. Zur Optimierung der Laufzeit legt Python alle kleinen ganzen Zahlen bei Start der Ausführung in den Speicher, sodass Speicherplatz gespart wird. Das geht jedoch nur für eine endliche Anzahl an Zahlen (deshalb für die ersten k kleinsten Zahlen). 2131313 zählt nicht dazu und somit wird der Wert jedesmal neu in den Speicher geschrieben.

Folgender Code berechnet die erste Zahl die nicht bereits bei der Ausführung im Speicher liegt:

x = 0
z = 0
while(id(x) == id(z)):
    x = x + 1
    z = z + 1
x
257

Wie sieht es mit negativen Zahlen aus?:

x = 0
z = 0
while(id(x) == id(z)):
    x = x - 1
    z = z - 1
x
-6

13.1.3. Veränderung#

Wie der Name bereits betont, sind Variablen variabel und können somit verändert werden. Wir müssen jedoch zwischen zwei Veränderungen einer Variablen x unterscheiden:

  1. der Veränderung ihrer Wertes x

  2. der Veränderung ihrer Speicheradresse id(x) (die auf den Wert zeigt)

Veränderlich und Un­ver­än­der­lich­keit

Wir nennen eine Variable, veränderlich (engl. mutable) wenn wir deren Wert verändern können indem wir den Speicherbereich der Variable verändern können. Ein Variable ist dagegen unveränderlich (engl. immutable) wenn wir deren Speicherbereich nicht verändern können.

Ist eine Variable unveränderlich, so wird deren Veränderung durch eine Kopie (einen neuen Speicherbereich) realisiert. Das Ursprungsobjekt bleibt unverändert.

13.1.3.1. Zuweisung eines neuen Werts#

Eine Variable kann immer nur einen Wert bzw. auf einen bestimmten Speicherbereich zeigen. Weisen wir einer Variablen erneut einen Wert zu, wird dieser Wert in den Speicher an eine freie Adresse geschrieben und die Adresse der Variablen auf jene neue Adresse gesetzt.

half = 1/2
print(f'value of half = {half}')
print(f'id of half = {id(half)}')

x = 25
print(f'value of x = {x}')
print(f'id of x = {id(x)}')

x = 24
print(f'value of x = {x}')
print(f'id of x = {id(x)}')
value of half = 0.5
id of half = 4589823760
value of x = 25
id of x = 4378601136
value of x = 24
id of x = 4378601104

Adressänderung

Veränderungen der einen Variablen haben keinen Effekt auf die Adresse bzw. Identität id anderer Variablen.

print(f'value of half = {half}')
print(f'id of half = {id(half)}')
value of half = 0.5
id of half = 4589823760

Verändern wir Variablen nicht, so behalten sie ihre Adresse über das gesamte Notebook hinweg.

13.1.3.2. Zuweisung einer neuen Adresse#

Weisen wir einer Variablen x eine andere Variable y zu, so ändern wir die Adresse von x auf jene von y. Das heißt, nach der Zuweisung zeigen beide Variablen auf den gleichen Speicherbereich und damit auf den gleichen Wert.

x = 2131313
y = 10
z = 2131313

print(f'value of x = {x}')
print(f'id of x = {id(x)}')

print(f'value of y = {y}')
print(f'id of y = {id(y)}')

print(f'value of z = {z}')
print(f'id of z = {id(z)}')
value of x = 2131313
id of x = 4665767056
value of y = 10
id of y = 4378600656
value of z = 2131313
id of z = 4665766960
y = x

print(f'value of x = {x}')
print(f'id of x = {id(x)}')

print(f'value of y = {y}')
print(f'id of y = {id(y)}')

print(f'value of z = {z}')
print(f'id of z = {id(z)}')
value of x = 2131313
id of x = 4665767056
value of y = 2131313
id of y = 4665767056
value of z = 2131313
id of z = 4665766960

13.1.3.3. Seiteneffekte#

Wie bereits erwähnt: Verändern wir eine Variable so können wir dadurch nicht die Adresse / Identität id einer anderen Variablen ändern! Wie verhält es sich jedoch mit dem Wert einer Variablen?

Die Antwort ist etwas komplizierter und ist erst dann begreiflich wenn wir das Thema Datentypen besprechen. Dennoch versuchen wir unser Glück: Eine Variable kann nicht nur einen einzelnen atomaren Wert, wie eine Zahl, enthalten, sondern auch einen Wert der sich aus anderen Werten zusammensetzt. Zum Beispiel:

x = [1,2,3,4,5]
x
[1, 2, 3, 4, 5]

Der Variablen x weisen wir hierbei eine sog. Liste list zu, also ein geordnetes, veränderliches Tupel an Zahlen. In unserem Fall besteht die Liste, und somit x, aus den Werten 1, 2, 3, 4 und 5. Um auf einen bestimmten Wert der Liste zuzugreifen brauchen wir seinen Index. Zum Beispiel liefert uns der Index 1 den Wert 2:

x[1]
2

Wie sieht das nun im Speicher aus??? Welche Adresse hat x und wie sieht der Speicher an der Adresse von x aus? Der Aufruf

id(x)
4591519616

Liefert uns eine id, allerdings lieft uns der Aufruf

id(x[1])
4378600400

ebenfalls eine (andere) id.

id(x[2])
4378600432

Eine Liste list mit \(n\) Elementen besteht in Python aus \(n\) Adressen. Jede dieser Adressen zeigt auf den Wert des Listenelements. Das heißt, eigentlich sieht unsere Liste x wie folgt aus:

[id(x[0]), id(x[1]), id(x[2]), id(x[3]), id(x[4])]

Doch Python vereinfacht uns den Umgang mit Listen und verbirgt diese Tatsache geschickt.

Was aber passiert mit x wenn wir eines seiner Listenelemente verändern? Hier wird es spannend:

print(f'value of x = {x}')
print(f'id of x = {id(x)}')

print(f'value of x[1] = {x[1]}')
print(f'id of x[1] = {id(x[1])}')

print()

x[1] = -10
print(f'value of x = {x}')
print(f'id of x = {id(x)}')

print(f'value of x[1] = {x[1]}')
print(f'id of x[1] = {id(x[1])}')
value of x = [1, 2, 3, 4, 5]
id of x = 4591519616
value of x[1] = 2
id of x[1] = 4378600400

value of x = [1, -10, 3, 4, 5]
id of x = 4591519616
value of x[1] = -10
id of x[1] = 4665765264

Die Adresse von x ändert sich nicht!!! Es ändert sich nur die Adresse von x[1]!!! Mit anderen Worten durch die Zuweisung von x[1] = -10 wird keine neue Liste im Speicher angelegt, sondern nur ein neues Element! Dieses Element wird an eine freie Speicherstelle platziert und die entsprechende Adresse kommt in die Liste.

Warum? Listen können groß werden und würden wir bei jeder Änderung eines Listenelements die gesamte Liste im Speicher kopieren, wäre das, im Bezug auf die Laufzeit, zu teuer und verschwenderisch.

Dieses Verhalten hat jedoch Konsequenzen! Folgender Code führt zur Veränderung des Wertes der Variablen y von y == [[1, 2, 3], [1, 2, 3], [1,2,3]] nach y == [[-10, 2, 3], [-10, 2, 3], [1,2,3]] obwohl wir nicht direkt mit y interagieren.

x = [1, 2, 3]
y = [x, x, [1,2,3]]
print(y)

x[0] = -10
print(y)
[[1, 2, 3], [1, 2, 3], [1, 2, 3]]
[[-10, 2, 3], [-10, 2, 3], [1, 2, 3]]

Solche Veränderungen eines Wertes einer Variablen durch die Veränderung eines Werts einer anderen Variablen, nennen wir Seiteneffekt.

Seiteneffekt

Handelt es sich beim Wert der Variablen um keinen atomaren Datentyp, so kann die Veränderung des Werts dazu führen, dass sich der Wert einer anderen Variable verändert.

13.1.4. Das Nichts#

Um einer Variablen „keinen“ Wert zuzuweisen gibt es das Signalwort None. Dies repräsentiert „keinen Wert“ bzw. das Nichts. Dennoch besitzt die Variable einen Wert, eben den Wert None.

z = 0
z + 20
z = None
z

Die Ausgabemechanik des Notebooks ignoriert None, jedoch können wir die Variable in eine Zeichenkette umwandeln und dann ausgeben:

z = None
print(id(z))
print(z)
4378598856
None

None wird uns wieder begegnen, wenn wir uns Python-Funktionen ansehen. Vorab sei gesagt, dass falls eine Funktion keinen Rückgabewert besitzt, sie None zurückliefert.

13.1.5. Namenskonvention#

Namen müssen mit einem Klein- oder Großbuchstaben beginnen und können aus Zahlen und Buchstaben bestehen. Aus Gründen der Lesbarkeit folgen wir der Konvention von Python und schreiben Variablen komplett in Kleinbuchstaben, Zahlen und dem _. Außerdem verwenden wir die englische Sprache, da alle Signalwörter von Python ohnehin in englisch formuliert werden müssen. Mit dem _ trennen wir zusammengesetzte Namen.

Beispiele für Variablen wären: x, x1, x2, number, x_direction, temperature.